Predictive Maintenance: Das bringt die vorausschauende Wartung

Prognosen über die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Maschine oder eines Bauteils glichen bisher dem Blick in eine Glaskugel. Damit ist jetzt Schluss! Mit Hilfe der Predictive Maintenance lässt sich die verbleibende Lebensdauer von Maschinenteilen – z. B. Spindeln – präzise berechnen.

Auf einen Blick

  • Predictive Maintenance bedeutet auch „vorausschauende Wartung“.
  • Man unterscheidet reaktive, vorbeugende, zustandsbasierte und vorausschauende Wartung.
  • Störungen im Produktionsbetrieb lassen sich vorhersagen, bevor sie eintreten.
  • Predictive Maintenance beruht auf Machine-Learning-Verfahren, bei denen Muster aufgedeckt werden.
  • Dank Predictive Maintenance lassen sich ungeplante und kostenintensive Stillstände vermeiden.

Was ist Predictive Maintenance? Definition

Predictive Maintenance (ins Deutsche übersetzt: vorausschauende Instandhaltung oder Wartung) bezeichnet einen Vorgang, der auf der Auswertung von Prozess- und Maschinendaten basiert.

Durch die Echtzeitverarbeitung der zugrundeliegenden Daten werden Prognosen möglich, die die Grundlage für eine bedarfsgerechte Wartung und die Reduktion von Ausfallzeiten bilden.

Der Begriff findet sich vor allem im Kontext der Industrie 4.0.

Welche Arten der vorausschauenden Wartung gibt es?

In der Praxis wird zwischen verschiedenen Instandhaltungstechniken unterschieden: 

  • Reaktive Wartung
  • Vorbeugende Wartung
  • Zustandsbasierte Wartung
  • Vorausschauende Wartung

Bei der reaktiven Wartung wird erst gewartet, wenn eine Maschine kaputt ist. Durch unvorhergesehene Stillstände kommt es dabei häufig zu hohen Ausfallkosten und Lieferschwierigkeiten. 

Die vorbeugende Wartung verfolgt das Ziel, Bauteile unabhängig vom Zustand aufgrund von Zeitintervallen zu ersetzen. Dabei besteht die Gefahr, dass Teile ausgetauscht werden, die noch einwandfrei funktionieren. 

Bei der zustandsbasierten Wartung wird anstelle eines Zeitintervalls der tatsächliche Verschleißzustand der Maschine zur Entscheidung herangezogen.

Die effektivste Methode ist die vorausschauende Wartung. Sie konzentriert sich auf den tatsächlichen Zustand der Anlage. Dadurch wird es möglich, die Instandhaltung zu dem Zeitpunkt durchzuführen, zu dem diese am kosteneffektivsten ist – weder zu früh noch zu spät.

Eine Studie des McKinsey Global Institute verdeutlicht die Bedeutung der vorausschauenden Wartung. Sie geht davon aus, dass sich dadurch bis zu 70 Prozent der ungeplanten Produktionsstopps vermeiden ließen. Gleichzeitig können Instandhaltungskosten an den Anlagen eingespart und die Kapitalbindung reduziert werden, da Stillstandszeiten sinken und die Anlagen länger laufen.

Störungen vorhersagen, bevor sie eintreten

Die vorausschauende Wartung nutzt von Sensoren in Echtzeit erfasste Maschinen- und Prozessdaten und füttert damit Vorhersagemodelle, die auf ausgefeilten Algorithmen beruhen. Diese berechnen, wann Anlagen oder einzelne Teile gewartet, instandgehalten oder ersetzt werden müssen. 

Im Optimalfall lassen sich Störungen vorhersagen, bevor es zu Ausfällen kommt.

Wer mit vernünftiger Vorlaufzeit erfährt, ab wann ein Anlagenteil nicht mehr anforderungsgerecht arbeiten wird, kann rechtzeitig Gegenmaßnahmen einleiten und zum Beispiel einen Techniker mit der Behebung des Problems beauftragen. 

Auch die Bestellung von Ersatzteilen sowie die Planung der Serviceintervalle werden dadurch genauer.

In intelligenten Systemen zur Maschinendatenerfassung können Wartungsdaten gespeichert werden.

Machine Learning Verfahren als Ausgangspunkt der Predictive Maintenance

Vorausschauende Wartung basiert auf der Idee, Machine Learning Verfahren zu nutzen, um aus den Sensordaten Muster in Prozessparametern zu erkennen.

Das Programm lernt aus den Stillstandsgründen und den damit verbundenen Betriebszuständen. Im Anschluss werden die sensorisch erfassten Prozessparameter in der Produktion dauerhaft überwacht. Tritt später ein gelerntes Muster wieder auf, wird die Instandhaltung über den drohenden Stillstandsgrund und die prognostizierte Zeit bis zu dessen Eintreten informiert.

In die Analyse fließen neben historischen Informationen über die Anlage auch andere relevante Parameter wie zum Beispiel

  • Daten über Schwingungen,
  • Umgebungstemperatur,
  • Verschleißpartikel,
  • Rotationsgeschwindigkeit,
  • Bearbeitungsdauer und
  • Ereignisdaten wie Störmeldungen

ein.

Die Bedeutung der vorausschauenden Wartung für die Fertigung

In Branchen wie der Luftfahrt, dem Schienenfahrzeugwesen oder bei Windrädern ist die vorausschauende Wartung seit Jahren Standard, um ungeplante technisch bedingte Stillstände zu vermeiden. Allmählich hält dieses Verfahren auch in der Fertigung Einzug.

Insbesondere für Unternehmen, die oft denselben Maschinentyp im Einsatz haben, die auf eine hohe Verfügbarkeit der Anlagen angewiesen sind und denen Stillstand sehr viel Geld kostet, lohnt sich der Einsatz.

Auch für Unternehmen, die selbst Maschinen herstellen, ist vorausschauende Wartung von Interesse. Als Hersteller können sie die Daten aller Kunden sammeln und auswerten. So lassen sich Muster, bei denen eine technische Störung zum ersten Mal auftritt, frühzeitig auch bei anderen Kunden wiedererkennen.

Große Datenmengen und digitale Zwillinge

Um zuverlässige Aussagen über den Zustand von Anlagen und deren Störungen treffen zu können, bedarf es riesiger Datenmengen. Die meisten Unternehmen verfügen bereits über eine solide Datenbasis. Allerdings machen die wenigsten davon Gebrauch. 

In etlichen Maschinen und Anlagen sind Sensoren verbaut, die Daten sammeln. Voraussetzung für die vorausschauende Wartung ist die Vernetzung dieser Sensoren mit einer Plattform, die alle Informationen zentral an einem Ort speichert. Es werden Software und Algorithmen zur Speicherung, Analyse und Anzeige der Daten benötigt, ebenso die Fähigkeiten, aus den Ergebnissen die richtigen Schlüsse zu ziehen, Aktionen abzuleiten und diese durchzuführen.

Sämtliche Maschinen und Bauteile lassen sich auch durch digitale Zwillinge darstellen. Das sind virtuelle Abbildungen von Gegenständen, die über dieselben Eigenschaften verfügen wie die realen Vorbilder. Diese digitalen Modelle werden mit den übermittelten Messwerten und Sensordaten gespeist und spiegeln so jederzeit den Zustand der aktuellen Anlage wider. Mit ihrer Hilfe lassen sich auch Auswirkungen von verlängerten Instandhaltungsintervallen simulieren oder neue Werkstoffe testen, ohne echtes Material zu verbrauchen.